FÜHREN

Liebe Lehrerinnen und Lehrer an KPS in der Diözese St. Pölten!

Was hat Sie heute hergeführt?

Ich meine nicht das Verkehrsmittel: Bus, Bahn, Auto, Hubschrauber, Uboot,..

Auch nicht, welche künstliche Intelligenz Ihnen dabei geholfen hat, hierher zu kommen – wie Ihr Navigationsgerät, Ihr elektronischer Kalender oder welche technischen Hilfsmittel sie verwenden.

Wenn ich als Schulamtsleiter der Diözese St. Pölten frage, frage ich nach dem, was Sie im Inneren bewegt. Von wem oder wovon Sie sich FÜHREN lassen.

Machen wir uns nichts vor – es gibt viele Einflüsse, die uns unsere Freiheit einschränken wollen. Manches kommt wie eine Hilfe über uns – ich denke da an die Künstliche Intelligenz. Manches kommt schleichend, ohne dass wir uns dessen Folgen bewusst sind, wie der Transhumanismus. Dieser Transhumanismus höhlt das Menschsein im Sinne des Optimierungswahns von innen aus. Er meint, es auf eine neue Ebene führen zu können, auf der das Menschsein auf der Strecke bleiben würde, als Menschenopfer.

 

FÜHREN – wer von Ihnen führt sein eigenes Leben und wer wird geführt? Unsere Schülerinnen und Schüler reden gerne vom „Opfa“, also einer Person, die weit weg davon ist, ein selbstbestimmtes und freies Leben zu führen, sondern ein Opfer der Umstände ist, die verhindern, genau dieses Leben zu führen.

 

FÜHREN – wer die Führung hat, weiß auch von der Verantwortung, die damit verbunden ist.

Wenn wir in der Bibel über Führung lesen, dann werden uns Personen wie König David vor Augen gestellt, die einerseits in Ihrer Leitungsaufgabe versagt haben, ich sage für die bibelfesten unter Ihnen das Stichwort „Batseba“. Führen bringt nicht nur die guten, sondern auch die schlechten Seiten eines Menschen zum Vorschein. Die klassische Trias Geld, Macht und Sex hat schon den einen oder anderen in der Leitung zu Fall gebracht.

Andererseits kann es ein Segen sein, wenn jemand die Leitungsaufgabe gelingend wahr nimmt. Das ist dem König David offensichtlich auch gelungen, aber wir brauchen hier nicht in die Vergangenheit schauen, Ich grüße an dieser Stelle auch alle anwesenden Schulleitungen, die ihre Schule leiten und führen – und hoffe und wünsche es allen hier, dass jetzt viele Lehrerinnen und Lehrer an Ihre Schulleitungen und Schulerhalter gedacht haben, wenn ich von gelingender Leitung gesprochen habe.

FÜHREN – ja, sind wir denn jetzt auf einem Managementseminar gelandet? könnte sich ein Widerspruch wecken. Aber vergessen wir nicht die Pädagogik und die Wortbedeutung von Pädagogik: das griechische Wort „agogein“ bedeutet „führen, leiten“ – unsere Aufgabe als Pädagogin oder Pädagoge ist es zu FÜHREN und zu leiten:

Wir leiten unseren Unterricht. Wir führen unsere Klassen. Wir leiten unsere Kinder und Jugendlichen an.

Was wir uns zu wenig fragen, scheint mir, wohin wir die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen FÜHREN?

Ja, wohin führen?

Eine christliche Pädagogik zeichnet sich dadurch aus, dass Sie Kinder und Jugendliche zu Christus führt.

Das mag jetzt für einige zu fromm klingen, aber Christus als Ziel der Pädagogik hat ein großes Freiheitspotential in sich: Wer oder was wäre ein Ziel, das diesem gleich käme? Welches Ziel gibt es sonst, das uns in die Freiheit der Kinder Gottes führt – ohne uns unter einer der vielen zeitgenössischen Ideologien zu versklaven?

Wir müssen uns aber nicht nur kritisch befragen lassen, wohin wir die Kinder und Jugendlichen führen – die Frage ist auch, wohin wir uns selbst führen lassen. Denn das ist die zweite Bedeutung christlicher Pädagogik: sich selbst als Kind Gottes von Christus führen zu lassen. Kenne ich diesen Jesus Christus, vertraue ich ihm, lasse ich mich von ihm führen?

Katholische Schule hat diese christliche Pädagogik als Aufgabe, diese Aufgabe, in die Freiheit zu führen, die nur aus der Beziehung zu Gott entsteht, der uns in die Freiheit führen möchte.

 

FÜHREN – Erinnern wir uns, welche Aufgabe jemand übernimmt, der eine Schule führt:

Qualifizierung, Sozialisierung, Personalisierung:

Wir qualifizieren durch exzellenten Unterricht – und exzellent ist er, wenn er von den Kindern und Jugendlichen her denkt.

Sozialisierung – wir schaffen Gemeinschaft in unseren Schulen, das Ich wird am Du erst zum Ich, wie der jüdisch-christliche Personalismus zu denken gibt.

Die dritte Säule und oft die ìn der Praxis kleinste dieser drei Säulen scheint mir die Personalisierung zu sein. Was braucht es, um eine reife menschliche Person zu werden?

Was zeichnet unsere Katholischen Privatschulen in dieser Hinsicht aus? Qualifizierung, Sozialisierung, Personalisierung

Qualifizierung – das scheint unser größter Trumpf zu sein: Katholische Privatschulen zeichnen sich durch eine gute Bildung aus, bis dahin, dass wir uns immer wieder in neue Felder hineinbegeben – ich möchte als aktuelle Beispiele die Höhere Lehranstalt für Pflege und Sozialbetreuung (HLPS) erwähnen, die in Gaming und in Zwettl entstehen und auf eine Not der Zeit, den Pflegekräftemangel, mit einer entsprechenden Qualifizierung antworten.

Mit Sozialisierung werden wir als kirchliche Einrichtungen oft in Verbindung gebracht: Das Gemeinschaftsgefühl, das in Zeiten des immer größer werdenden Individualismus abhandenkommt, und das Religion so gut leisten kann – solange sie nicht in das Gegenteil verfällt, und Menschen gegeneinander aufhetzt.

Der heutige Tag legt aber den großen Wert auf die Personalisierung: Das beginnt schon damit, dass wir den Personenbegriff der Theologie verdanken – nämlich als Antwort auf die Frage, wie Einheit und Verschiedenheit in Gott gedacht werden kann, die Frage nach dem dreieinen Gott, mit der Formel, die alle christlichen Konfessionen vereint: Ein Gott in drei Personen.

Davon leitet sich dann in der Philosophie die Würde des Menschen ab, der als Freiheitswesen den Schöpfungs- und Erlösungsplan Gottes durch sein Leben durchtönen, lateinisch personare, lässt. Ein Freiheitswesen zu sein, das von sich selbst aus einen Anfang setzen kann, das angesichts von Schuld, Leid und Tod mit Glaube, Hoffnung und Liebe darauf antwortet. Letztlich geht es darum, die Wirklichkeit nicht unpersönlich zu verstehen, vielleicht dann auch noch mit irgendeinem höheren Wesen, sondern die Wirklichkeit personal zu verstehen. Im allen Dingen Gott begegnen lernt die jesuitischer Tradition.

 

FÜHREN – Letztlich geht es darum, dass wir als menschliche Personen unser Leben führen, ja sogar meistern, dass wir Champions in unserem Leben und daher in unseren Schulen werden. „Teach like a Champion“ fokussiert auf die Person, die durch exzellente Unterrichtstechniken eine Gemeinschaft schafft, die sogar sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche unterstützen kann. Vor allem aber, die als Person gebildet werden können, um ein freies Leben zu führen. Wie kann das gelingen? In dem wir als Pädagoginnen und Pädagogen selbst ein Leben führen, das diesen Geist der Freiheit atmet. Andere zu führen setzt voraus, sich selbst zu kennen und sich selbst zu führen: Kenne dich selbst, führe dich selbst, führe andere – nur in dieser Reihenfolge macht es Sinn.

 

FÜHREN – Sich selbst und andere zu führen – das heißt, in sich selbst zu entdecken, dass ich ein Leader bin: „Leader in me“ heißt dieses innovative Programm, dass Schülerinnen und Schüler dazu anleitet, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Ein gelingendes und freies Leben zu führen.

 

Was wird Sie heute von hier wieder wegführen?

Ich hoffe, dass es dreierlei ist:

  • Erstens, dass Sie ermutigt werden, sich zu fragen, wohin Sie Ihre Schülerinnen und Schüler führen.
  • Zweitens, dass Sie daran arbeiten, wie ein Champion zu unterrichten.
  • Und drittens, dass Sie neu entdecken, dass Sie als Pädagogin oder Pädagoge ein Leader sind, um sich und andere zu einem gelingenden und freien Leben zu
    FÜHREN.

Thematische Hinführung von Schulamtsleiter Benedikt Michal beim Tag der Katholischen Privatschulen im Februar 2024 im Stift Melk:

https://www.ordensgemeinschaften.at/8300/mit-exzellenz-kinder-und-jugendliche-fuehren